Lawinen know-how
Tiefschneefahren ist bei Skitourengehern und Freeridern sehr beliebt und kann zu einer wahren Sucht werden. Abseits der Pisten lauert jedoch die Lawinengefahr. Wer durch eine Lawinen verschüttet wird hat nur wenig Überlebenschancen.
Lawinen: Wie sie entstehen
Lawinen bilden sich durch die Wechselwirkung von mehreren natürlichen Faktoren wie Gelände, Wind, Aufbau der Schneedecke, Neuschneemenge und Temperatur. Im Verlauf eines Winters hat jeder Schneefall eine neue Schneeschicht zur Folge, die sich mehr oder weniger gut mit der alten Schneeschicht oder dem Untergrund verbindet. Dieser mehrschichtige Aufbau bestimmt in hohem Maße die Eigenschaften und das unterschiedliche Verhalten der gesamten Schneedecke. Im Inneren der Schneedecke verändern unterschiedliche Temperatur- und Druckverhältnisse die Schneekristalle. Diese stetige Umwandlung, die Metamorphose, ist für den Aufbau der Schneedecke, deren Struktur und damit für ihre Stabilität entscheidend. Eingeschneite Schichten wie Harsch oder Oberflächenreif bilden häufig kritisch zu beurteilende Gleithorizonte. Diese Gleithorizonte können dazu führen, dass die Schneedecke bricht und in Form einer Lawine (Schneebrett, Lockerschneelawine oder Staublawine) ins Tal abgeht.
Lawinengefahr: Welche Faktoren ein Rolle spielen
Die Schneedecke ist in Bezug auf Festigkeit keine homogene, weiße Masse, sondern ein inhomogenes Gebilde, das sich auf Grund von verschiedenen Einflüssen (Wetter, Spuren, Gelände) im Laufe der Zeit ändert. Alle Wintersportler, die unberührte Tiefschneehänge befahren oder betreten, sollten die Bedeutung der Einflüsse kennen, um ein Lawinenunglück zu vermeiden. Alarmzeichen für einen Lawinenabgang sind Risse und Vibrationen in der Schneedecke oder dumpfe „Wumm“-Geräusche beim Betreten oder Befahren des Hanges.
1. Wetter (Neuschnee, Wind, Temperatur, Strahlung)
Je mehr Neuschnee, umso größer ist die Lawinengefahr. Besonders kritisch ist besonders der erste schöne Tag nach länger anhaltenden Neuschneefällen. Neuschnee in Kombination mit Wind ist besonders gefährlich: Der vom Wind verfrachtete Schnee wird in Windschattenhängen abgelagert, es entstehen so genannte Triebschnee-Ansammlungen. Bereits ab zehn Zentimeter Neuschnee steigt die Schneebrettgefahr enorm.
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Durch tiefe Temperaturen wird nach Schneefällen die Verfestigung der Schneedecke verzögert, denn Umwandlungs- und Verbindungsprozesse verlaufen bei tiefen Temperaturen langsamer.
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Langsame und moderate Wärmeeinwirkung wirkt sich positiv auf die Schneedecke aus, da die Bindung zwischen den Schichten gefestigt wird und sich die gesamte Schneedecke setzt. Ideal ist eine Erwärmung bei Tag und eine Abkühlung (Gefrieren) bei Nacht.
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Hohe Temperaturen und starke Tageserwärmung wie Föhn, Tauwetter oder Regen destabilisieren die Schneedecke, da die Festigkeit abnimmt. Wenn die Schneedecke bis zum Boden durchfeuchtet wird, kann sie als Grundlawine abrutschen.
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Langandauerndes Strahlungswetter während langen Schönwetterperioden verharscht die Oberfläche der Altschneedecke. Der Neuschnee verbindet sich schlecht mit dem „alten Harschdeckel“ wodurch eine Gleitschicht für Lawinen entsteht.
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Bei langandauernden tiefen Temperaturen setzt sich die Schneedecke nur sehr langsam. Kälte verzögert die Bindung der unterschiedlichen Schneeschichten innerhalb der Schneedecke. Längere Kälteperioden bergen neue Gefahren, da Schwimmschnee und Oberflächenreif gebildet werden.
2. Gelände
Je steiler der Hang, umso höher ist die Lawinengefahr. Bereits bei einer Neigung von 30 Grad können Lawinen abgehen. Die Hälfte aller Unfälle passiert in einem Gelände, das steiler als 40 Grad ist. Schattige Hänge (Nord, Nord-West, Nord-Ost, Ost) sind häufiger lawinengefährdet als sonnige. Ein besonders hohes Risiko besteht an Nordhängen bei starker Kälte. Faktoren, die eine große Gefahr garantieren: steil, schattig, kammnah, frischer Schnee.
Der Schneedeckenaufbau und damit die Lawinensituation werden maßgeblich vom Gelände (Hangneigung, Hangform und Hangexposition) in Verbindung mit den Wettereinflüssen (Niederschlag, Wind, Temperatur und Strahlung) beeinflusst
3. Spuren
Wenn Hänge während und nach Neuschneefällen flächendeckend befahren bzw. begangen werden, ändert sich dadurch die Struktur des Schneedeckenaufbaus. Das ständige Befahren führt zu einer Verfestigung und Verdichtung der Schneedecke und somit zu einer Stabilitätszunahme. Das bedeutet, Hänge im Variantengelände sind in der Regel sicherer als Hänge mit einer ungestörten Schneedecke. Ein Hang gilt nur als viel befahren, wenn er vor jedem Neuschneefall völlig verspurt wurde. Die Situation kennen nur diejenigen, die regelmäßig im selben Gebiet unterwegs sind. Einzelne Spuren sagen nichts über die Stabilität der Schneedecke aus. Rund die Hälfte aller Lawinenauslösungen passieren in Hängen, die bereits einige Spuren aufweisen.
Vernünftiges Planen und Verhalten: Führungstechnik- und taktik für die Tour
Winterliche Bergsportaktivitäten, ob Skitouren oder Freeriden müssen, sorgfältig geplant werden. Nur mit der der richtigen Beurteilung von Lawinengefahr, Geländebeschaffenheit und Leistungsfähigkeit der Gruppenmitglieder, lassen sich genussreiche und sichere Touren erreichen.
Grundsätzlich sollte eine optimale Geländeausnutzung mit der entsprechenden Routenwahl sowohl im Aufstieg wie auch bei der Abfahrt angestrebt werden. Am Beginn eines Aufstieges oder einer Abfahrt sollten alle Gruppenmitglieder über die Routenwahl sprechen. Die Überlegungen sollten das Gelände und die Schneebeschaffenheit mit einbeziehen. Taktisch richtiges Verhalten trägt wesentlich zur Vermeidung von Lawinenunfällen bei.
Überlegungen zur Gelände- und Routenwahl
Wo sind Schneeverfrachtungen?,
Gibt es kritische Neuschneemengen?
Stimmen Exposition, Hangneigung und Relief mit den Werten aus der Tourenplanung überein?
Sind alte Spuren vorhanden und dem Gelände angepasst?
Gibt es Anzeichen, dass dieses Gelände ständig befahren wird?
Lawinenunfall: Was tun?
Die Haupttodesursache bei Lawinenunfällen ist das Ersticken (46%), gefolgt von Gewalteinwirkung und Unterkühlung. Auf Sauerstoffmangel reagiert das Gehirn sehr empfindlich. Nach nur wenigen Minuten tritt der Gehirntod ein.
Gefahren beim Lawinenunfall
1. Ersticken
Ersticken ist die häufigste Todesursachen bei Lawinenverschütteten. Schnelle Hilfe kann Leben retten!
Verstopfung der Atemwege mit Schnee
Sauerstoffmangel
Sättigung der Luft mit CO2 (Ausatemluft)
Entstehung einer Eismaske vor dem Gesicht verhindert das Atmen
Hoher Schneedruck auf den Oberkörper verhindert das Atmen
2. Gewalteinwirkung
Aufgrund schwerer Verletzungen sterben rund 43% der Lawinenopfer. Am häufigsten ist die Halswirbelsäule betroffen
(Vorsicht bei der Bergung).
3. Unterkühlung
Bereits nach 35 Minuten Verschüttungsdauer besteht die Gefahr einer lebensbedrohlichen Unterkühlung.
Verhalten beim Lawinenabgang
Ein möglicher Rettungsversuch besteht darin, aus der Lawine herauszufahren. Wenn man bei diesem Versuch stürzt, besteht die Gefahr, dass der Mitgerissene sich nicht mehr von Ski und Stöcken lösen kann! Diese wirken wie ein Anker und ziehen Skifahrer in die Tiefe. Fixe Fangriemen sollten nur verwendet werden, wenn man sich auf vergletschertem Gelände bewegt.
Verhalten in einer Lawine
Noch während dem Abgang der Lawine Arme vor das Gesicht nehmen, um eine Atemhöhle zu schaffen. Wer einen Airbag trägt, muss sofort die Reißleine ziehen. Avalung-Träger müssen in diesem Moment das Mundstück zwischen den Zähnen halten. Auch wenn es schwer fällt: Ruhe bewahren!
Verhalten nicht erfasster Personen
Beobachten des Erfassten während des Lawinenabganges. Erfassungspunkt und Verschwindepunkt mit Skistöcke, Bekleidung etc. markieren. Nach dem Lawinenabgang die Lawine gründlich mit Augen und Ohren auf Körper- und Ausrüstungsteile absuchen, sofort mit der Grobsuche beginnen.
Fazit:
Die sofortige Kameradenhilfe ist für die Überlebenswahrscheinlichkeit Verschütteter von größter Bedeutung. Deshalb ist das Mitführen einer entsprechenden Ausrüstung enorm wichtig, um eine Rettungsaktion durchführen zu können. Das Beherrschen der behelfsmäßigen Kameradenhilfe kann Leben retten. Sich ausschließlich auf eine professionelle Bergrettung zu verlassen, kann in Anbetracht des Zeitfaktors tödlich enden. Bleibt die Suche mit LVS-Geräten erfolglos, kann das Lawinenfeld nur noch mit Lawinenhunden oder einem systematischen Sondieren abgesucht werden. In den seltensten Fällen gibt es bei dieser Art der Suche Lebendbergungen.
Lawinenarten: (Klick auf die Begriffe, um zum Link zu gelangen)
Schneebrettlawine
Lockerschneelawine
Staublawine
Nassschneelawine
Hier erfährst du, was eine Lawine ist, wie sie entsteht, die Folgen von Lawinenabgängen und Schutzmaßnahmen.
Klick hier: Projektarbeit Lawinen:
Ein Schüler aus der Schweiz präsentiert das informative, klar gegliederte und leicht verständliche Ergebnis einer umfangreichen Projektarbeit im Fach Geographie zum Thema Lawinen.
lawinen-warn-dreieck.de
slf.ch
medienwerkstatt-online.de
lawinen.nweb.ch
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